Tinghir – Erfoud: 200km zum Ziel!

Die Strecke von Tinghir nach Erfoud und von dort noch ein paar Kilometer nach Merzouga war für mich die Schlüsseletappe. Noch 200km und ich habe die Tiger alleine in die Sahara gefahren. Ohne Schaden, ohne Problem. Mit einer Reiseenduro von Marktheidenfeld bis 60km vor die algerische Grenze an die Dünen von Erg Chebbi. Ich habe keine Ahnung, wieviele Kilometer es jetzt genau waren, denke aber, dass ich bei ca. 4.000 – 4.500 liege, wobei mir das hier, bei dem grandiosen Anblick den ich jetzt zwei Tage genießen werde auch völlig egal ist.
In Thingir fuhr ich am Morgen zuerst in die Schlucht des Dadès-Tals um dann über Alsif Richtung Erfoud und danach die restlichen Kilometer nach Merzouga an den Rand der Dünen von Erg Chebbi zu fahren. Auch diese Etappe fuhr ich mit Sigi, jedoch trennten sich unsere Wege vorerst 20km vor Alsif, da ich für diesen Tag eine ca. 50km lange Wüstenetappe auf einer einigermaßen „angenehm“ zu fahrenden Piste ausgesucht habe. Er ist auf der Straße geblieben und wir haben uns dann in Merzouga wieder getroffen.

Was mich genau geritten hat, Nachmittags um 14.30 Uhr von einer befestigten Straße abzubiegen um 50km durch die Wüste zu fahren, weiß ich heute nicht mehr. Die Strecke war ok und weitgehend ohne Sand. Mit ein paar Sandlöchern kann ich mittlerweile umgehen, wenn sie nicht tief sind. Bei etwas mehr Sand komme ich und die Bereifung der Tiger aber schnell an die Grenze des Möglichen. Das große Problem bei dieser Fahrerei auf einer Wüstenpiste waren zum einen die vielen Abzweigungen und zum anderen die Tatsache, dass auf keiner Karte diese „Straßen“ eingezeichnet sind. Ich war froh, dass ich mit einem Kompass umgehen kann, denn letztlich bin ich einfach nur nach Süd-Ost gefahren um irgendwann wieder auf eine Straße zu kommen. Jeder Stop war wegen der Hitze ein großes Problem. Die Hitze macht einen in dieser Region innerhalb von einer Minute restlos fertig und die einzige Chance die man hat ein Pause zu machen, ist jeder noch so kleine Baum, der Schatten wirft. In Merzouga wurde mir gesagt, dass es heute 50° hatte. Natürlich nicht im Schatten – hier gibt es so wenig davon, dass die Temperatur ohne Schatten gemessen wird. Gefühlt waren es 35-40° im Schatten, genau kann ich das aber nicht sagen. Es hat trotzdem Spaß gemacht und das Erreichen der Sahara hat mich genug motiviert einfach Kilometer für Kilometer zu fahren.

In Merzouga ist wegen der spanischen und marokkanischen Ferien kaum ein Platz zu bekommen. Eine Auberge direkt an den Dünen und dadurch mit einem einmaligen Ausblick hatte noch etwas frei. Wenn ich durch die Tür gehe, stehe ich schon im Sand. Keine Straße, kein Haus – nur ein Baum unter dem die Tiger steht und dahinter Kamele und Sanddünen. Das marokkanische Essen ist übrigens weit besser als das, was man in Deutschland glaubt, dass es etwas mit dem Essen hier zu tun hätte. Kuskus kann mich mal und die Tajine mit Datteln, Sesam und Kafta kann ich mittlerweile auch landestypisch (ohne Besteck und verbrannte Finger) in der richtigen Reihenfolge essen. Gerade Datteln schmecken hier gekocht einmalig gut.

Ich werde den Tag heute nutzen ein paar Fotos zu machen und vielleicht mit dem Jeep oder einem Kamel am Abend ein Stück in die Dünen fahren/reiten. Für den Tiger ist es unmöglich ab hier weiterzufahren und sie hat eine Pause verdient. Das einzige Problem wird sein, hier einen Kaltreiniger, Kettenreiniger oder Bremsenreiniger aufzutreiben. Bevor ich weiterfahre, muss ich aber ein paar Stunden den Sand aus Kette, Ritzel und so ziemlich allen Teilen entfernen, die mal geschmiert oder geölt waren. Überall klebt roter Sand.

Ab morgen beginnt die Rückreise durch den östlichen Teil Marokkos. Ich habe als große Hürde noch die Überquerung des Atlas vor mir, bevor ich mit Meknes und Fes zwei alte Königsstädte besuche. Wie lange ich dafür brauche weiß ich nicht. Vermutlich werde ich erst in ca. 14 Tage wieder in Deutschland sein.

Ich bin noch immer verdammt stolz auf mein Motorrad und auch auf mich. Auch wenn es Menschen gibt, vor denen ich allergrößten Respekt habe, weil sie mit einer Vespa die Welt umrunden oder mit dem Fahrrad durch Afrika fahren – für mich ist Erg Chebbi der Ort, an dem ich mir endlich einmal wieder bewiesen habe, dass man ein Ziel immer dann erreicht, wenn man dafür etwas tut und vielleicht ab und an einfach mal die Arschbacken zusammenkneift. Mit dem Erreichen der Sahara habe ich für mich die Welt etwas kleiner gemacht und doch gleichzeitig gemerkt, wie verdammt groß sie sein muss.

Und mit Sicherheit wartet da draußen noch ein anderer Ort, an den man nicht alleine fährt, weil man das nicht alleine macht, weil das ja gar nicht geht. Und den Ort werde ich finden und einen Fußabdruck hinterlassen.

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