
Der Norden Marokkos verlangt von mir nur einen Bruchteil dessen, was der Süden mir und meiner Tiger abverlangt hat. Das Klima ist nahezu perfekt, die Pistenstraßen die ich fahren wollte waren neu geteert. Ich entschied mich dazu heute wie auch bereits gestern abseits der Hauptstraßen zu fahren um in den letzten Tagen dieser Reise noch ein paar interessante Etappen zu absolvieren.
Belohnt wurde ich heute dann doch noch mit hundsmiserablen Straßenverhältnissen. Jede Piste wäre besser gewesen als diese Fahrerei über 100 Meter Straße, 100 Meter aufgebrochene Straße und 100 Meter Dreck und Sand im Wechsel. Man konnte sich überhaupt nicht an die Verhältnisse anpassen und eine gewisse Fahrdynamik war unmöglich. Ständig anfahren, abbremsen, sitzen und stehen. Die Landschaft um mich herum war schön, leider habe ich nicht viel davon mitbekommen. Auch heute weiß ich nicht, wo genau ich gelandet bin. Die Ortschaften hören sich alle gleich an, zumindest sehen die arabischen Ortsnamen alle ähnlich aus. In Marokko weiß man genau, dass man abseits aller „normalen“ Wege ist, wenn der Ortsname nicht in Französisch unter dem arabischen Ortsschild steht. Wenn auf der Afrika Karte meine Postion anzeigen lasse, bin ich 50km westlich des Rif-Gebirge, irgendwo 100km vor Chefchouen.
Der Campingplatz auf dem ich bin hat nur Schotter Stellplätze für Wohnmobile. Sie haben mir ein einigermaßen sauberes Zimmer geben, weil angeblich wieder keine Möglichkeit zu Zelten in der Nähe ist. Ich glaube es ihnen zwar nicht aber da ich nicht weiß, wo genau ich bin, brauche ich gar nicht erst anfangen einen anderen Campingplatz zu suchen. Noch ungefähr 10-11 Tage bin ich unterwegs und solange ich jetzt Richtung Nord-West fahre, komme ich irgendwann in Tanger an und vielleicht erweist mir mein TomTom die Ehre und zeigt mir den Weg zum Fährhafen. Es ist ohnehin erstaunlich, wie ich momentan damit umgehe, fast gar nichts zu planen. Eigentlich ist das absolut nicht mein Ding und vielleicht genieße ich es deshalb momentan besonders.
Auf dem Campingplatz wurde ich sehr freundlich von einem Mann angesprochen, der mit einer GS 1200 unterwegs ist. Es war Phillipe, ein Franzose, der mit seiner irischen Frau in London lebt. Aus dem Smalltalk wurde ein sehr angenehmes Gespräch. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die deutschen Wohnmobilfahrer an meinem Tisch kamen und mit mir über diesen sinnfreien „Wie ist das Wetter daheim, wo kann man gut Essen und was muss man hier alles gesehen haben“-Scheiß reden wollten. Phillipe stand sehr höflich noch immer an meinem Tisch aber etwas abseits und mit gleicher Höflichkeit wollte ich diesen deutschen Dummschwätzern nicht sagen, dass mir ihr Gelaber auf die Nüsse geht. Nachdem sich Phillipe dann nach einer Weile doch verabschiedete, musst auch ich „ganz plötzlich“ auf die Toilette. Danach besorgte ich zwei Bier und entschuldigte mich bei ihm für unsere deutsche Unhöflichkeit. Es war der Beginn eines ganz tollen Abends. Seine Frau fragte, ob ich nicht mit ihnen essen möchte und übersetzte mir die französische Speisekarte. Ich entschied mich gegen die Tajine und für Schafshirn. Der Empfehlung, eine marokkanische Suppe als Vorspeise zu nehmen, bin ich auch nachgekommen. Wir hatten (sehr) tolle Gespräche und einen herrlichen Abend. Diese beiden Menschen kennengelernt zu haben, war eines der positiven Erlebnisse meiner Reise.
Das Schafshirn war übrigens ganz ausgezeichnet.
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