
Als Motorradfahrer hat man manchmal seine Vorteile. Stau ist für Zweiräder ein kleineres Problem und mal schnell überholen geht fast immer. Im Fährhafen Tarifa musste ich mich nicht einmal an den Autos „vorbeimogeln“ sondern wurde gleich von zwei Mitarbeitern der Fährgesellschaft eskortiert. Dem Marrokaner der in der ersten Reihe mit seinem Q7 stand gefiel dies nicht sondernlich, denn er durfte wenden und sich am Ende der Schlange wieder anstellen. Der Tiger stand in der ersten Reihe – und das ist auch gut so. Nach dem Zoll das gleiche Spiel. Alle fuhren den Wegweisern nach, mir öffnete man eine extra Spur und wieder stand ich als erster da – diesmal vor der Fähre. 10 Minuten vor dem Einfahren in die Fähre hielt neben mir das erste Motorrad mit Gepäck und der Fahrer streckte mir gleich die Hand entgegen. Er wurde eskortiert von drei rennenden Grenzpolizisten, die ihm mehr als einmal erklärt haben, dass es nicht sonderlich erwünscht ist, dass er einfach durch den Zoll fährt und die Beamten ignoriert hat. Das wäre schließlich auch in Holland so üblich. Ich habe mir verkniffen den aufgebrachten Zöllnern zu erklären, dass Holland auch in der EU ist und es daher nicht üblich ist.
Martinus ist 72 Jahre alt – ich habe ihn im ersten Momenta auf 60 geschätzt. Auf der Fähre hat er mir erklärt, dass er vor 13 Jahren von Kapstadt durch Afrika nach Isreal und von dort mit der Fähre nach Griechenland und zurück nach Holland in vier Monaten gefahren ist. Ein sehr beeindruckender Typ! Ich war dankbar, als er mich gefragt hat, ob wir das erste Stück gemeinsam fahren und dafür habe ich auch die Herkules Grotten ausgelassen, bei denen ich ursprünglich meinen ersten Tee trinken wollte. Alleine Fahren ist mir am 5. Tag in Europa schon schwer gefallen. Ich bin froh, dass ich den ersten Tag in Afrika Gesellschaft hatte. Nach dem Entladen der Fähre möchte in Afrika jeder nur Dein Bestes. 5 € für das Ausfüllen der Papiere, 5 Dirhan für das Bewachen des Motorrads etc. pp. Dank Karlheinz Rummenigge ging die Zollabwicklung sehr schnell. Nach ca. 30 Minuten durften wir ausfahren. Der Zöllner scheint die Bayern der 70er Jahre zu mögen und hat an meinem Schlüsselanhänger gefallen gefunden. Auch wenn es etwas absurd klingt, wenn ein bewaffneter Zöllner plötzlich laut „HEYYYYYY“ schreit. „Rummenigge, hey Rummenigge. Gut, gut!“ Die Bayern-Nummer funktioniert übrigens auch beim Tanken. Drei Leute stehen um Dich herum, der eine nennt die komplette Mannschaftsaufstellung der Championsleague-Sieger-Mannschaft von 2013 und plötzlich läuft alles ganz human. Kein „Ssigarett´, Ssigarett“ oder „Good Tip, Good Tip“ gebettel. Alles was mich dabei etwas nervt ist das ständige Schulterklopfen.
Meine Planung für Afrika muss ich etwas überdenken. Unmöglich hier 300 oder 400km am Tag zu fahren. Nicht wegen der Straßen, die sind erstaunlich gut und einmal von den Eseln auf der Autobahn oder den Schafen und Kühen auf allen anderen Wegen sind die Straßen doch recht gut. Man geöhnt sich auch schnell an die Verkehrsregeln. Wenn etwas hupt, einfach Gas geben und kein Schaaf überfahren. Eigentlich ganz einfach. Die erste Nacht habe ich auf dem grauenvollsten Campingplatz der Welt verbracht. Ein herzlichen Empfang mit Handschlag und dann konnten wir unser Zelt aufschlagen. Kurz vor dem Sonnenuntergang haben wir dann den Tip bekommen auch die Koffer vom Motorrad zu nehmen und ins Zelt zu bringen und wenn möglich auch wichtige Anbauteile abzumontieren. Martinus wollte das erst nicht, bis uns erklärt wurde, dass sogar die Türen aus dem Klo und die Waschbecken geklaut wurden. Vor einer Woche wurden auch die Kabel aus der Laterne am Campingplatz geklaut. Wir haben uns dazu entschlossen die Motorrad zusammenzuketten und vors Zelt zu stellen.
Die erste Nacht war grauenvoll. Die Straßenhunde haben geheult wie Wölfe, ständig bin ich wach geworden und habe nach dem Motorrad gesehen und mit dem Survival-Abendessen im Magen hätte ich die ein oder andere Keramik bitter nötig gehabt. Tipp aus der Grundausbildung: Trockenhefe und Zartbitterschokolade! Ich werde bei der Dosis die ich genommen habe vermutlich das nächste Mal am Autobahnrasthof Würzburg wieder können. Aber das ist mir tatsächlich scheißegal, denn ich habe heute das zweite meiner drei großen Ziele erreicht: Casablanca, Baby!
[nggallery id=6]